Manchmal denke ich, der Blick sei nur ein Fenster. Ich öffne die Lider, und da ist die Welt, die schon vorher da war. So einfach, so beruhigend. Aber je länger ich schaue, desto deutlicher spüre ich: Mein Blick ist keine Scheibe Glas, er ist ein Griffel. Eine Nadel, die sich in die Platte der Welt legt und aus Möglichkeiten eine Spur kratzt.
Das ist die kleine Zumutung: Es gibt kein Aussen. Der Blick, der zu sehen glaubt, hat längst etwas berührt. Schon die blosse Möglichkeit, dass ich etwas wissen könnte, verändert das, was da ist. So wie im Doppelspalt, wo das Teilchen brav zum Teilchen wird, sobald man “hinschaut”. Mein Blick, dein Blick, unser Blick: sie sind nicht neutral, sie sind Mitspielende.
Vielleicht ist Objektivität nur ein Chor. Viele Blicke, die sich überlagern, bis das Rauschen wie Stabilität klingt. Ein Muster, das uns Sicherheit gibt, obwohl es nichts weiter ist als Resonanz.
Und doch: genau darin liegt die Schönheit. Beobachten heisst nicht, etwas Fremdes zu fixieren. Beobachten heisst, in Berührung zu treten. Die Welt antwortet, indem sie sich formt. Wir sind keine Zuschauer, wir sind Mitautoren – jedes Sehen eine kleine Spur im Vinyl der Wirklichkeit.
«Der Blick ist kein Fenster. Er ist ein Hammer, der das Glas zerschlägt und sich dabei für durchsichtig hält.» Angelika, 24. August 2025