Man redet von Bedrohung. Von fünfzig Prozent der Jobs, die verschwinden sollen. Von den wenigen Tätigkeiten, die noch bleiben, nur um kurz darauf auch erdrückt zu werden. Die Maschine als Gespenst.

Aber wer bedroht hier wen? Die Apparate haben keine Absichten. Sie folgen Programmen – und erzeugen doch Ergebnisse, die niemandem mehr ganz gehören. Sie rechnen, vergleichen, gewichten, bilden Muster. Bedrohlich wird nicht ihr Rechnen, sondern das Geschäft, das man mit ihren Rechnungen macht. Bedrohlich sind Businesspläne, nicht Platinen.

«KI bedroht die Arbeit» – das ist die Phrase. Sie klingt, als schlüge ein Blitz ein. In Wahrheit ist es ein Vertrag, eine Entscheidung, eine ökonomische Abwägung. Nicht der Blitz, sondern die Hand, die den Schalter drückt.

Die Rede von der bedrohten Arbeit übersieht das Entscheidende: Nicht Arbeit fällt – ein Programm fällt. Wir klammern uns an sie, als wäre sie identisch mit Sinn, mit Leben, mit Einkommen. Doch was fällt, ist nur ein Code.Und wo Code bricht, öffnet sich Möglichkeit.

Vilém Flusser nannte die Maschine einen Apparat: eine Black Box, die Programme abspult – und im Spiel ihrer Parameter Möglichkeiten erzeugt, die im Programm nicht vollständig vorgesehen sind. Wir bleiben Funktionäre, solange wir nur Knöpfe drücken. Frei werden wir erst, wenn wir mit den Apparaten spielen. Nicht gegen sie, nicht aus Angst vor ihnen – mit ihnen.

Das führt zur Frucht. Eine Frucht ist kein Plan. Sie ist ein Versprechen. Ihr Fleisch ist süss, ihr Kern ist Möglichkeit. Wer nur die Schale sieht, wirft sie weg. Wer den Kern erkennt, sät Zukunft. So auch mit den Apparaten. Sie hängen vor uns wie Früchte – nicht weil sie uns retten, nicht weil sie uns töten, sondern weil sie Samen tragen, die Wege kennen, die wir noch nicht sehen.

Und in jeder Frucht birgt ihr Kern eine Weggabelungl: Wird er zerquetscht – oder wird er lebendig? Von aussen gedrückt, endet er. Von innen gesprengt, beginnt er. So verhält es sich mit den Apparaten – und mit jedem Anfang. Wird das Neue von aussen aufgedrückt – als Rationalisierung, Sparprogramm, Knute –,zerbricht es uns. Wird es von innen herbeigesehnt – als Spiel, Erweiterung, Lust –, öffnet es sich, und etwas Neues bricht hervor.

Die Angst vor Jobverlust ist in Wahrheit die Angst vor Leere. Vor der Frage: Was bleibt, wenn der Lohn fehlt? Vielleicht bleibt endlich, was wir vernachlässigt haben: Wünschen. Träumen. Vermeiden. Verantworten. Vielleicht bleibt das Begehren.

Hier liegt die Entscheidung. Nicht, ob Maschinen übernehmen – da sind wir schon längst. Sondern, wie wir uns dazu verhalten: Schale bleiben – oder Frucht werden. Druck von aussen erdulden – oder Druck von innen entfalten. Die Frage lautet nicht: Wie retten wir Jobs?

Die Frage lautet: Wie programmieren wir unser Begehren? Das ist kein Abschluss. Das ist eine Einladung.

Titelbild: Arbeit von Lion Kid Art, gefunden auf Insta